03. September 2021

„Ewiges Wachstum kann es in einer endlichen Welt nicht geben“

5 Fragen an Sonja Hasler

1. Sie haben neben Germanistik auch Theologie und Psychologie studiert. Ist der theologische Blick auf das Hamsterrad ein anderer als der psychologische?
In meinen Augen nicht. Ich glaube, dass wir Menschen erfüllt und glücklich sind, wenn wir unsere Leidenschaften und  Begabungen selbstbestimmt ausleben können. Wenn unser Leben Sinn macht. Das Hamsterrad widerspricht dem, da  strampeln wir nur wie wild und kommen doch nicht vorwärts. Stehenbleiben und die Sinnfrage stellen, helfen, das ist aber nicht immer ganz einfach.

2. Ihr ganz persönliches Rezept, dem Hamsterrad zu entfliehen?
Gar nicht erst hineingeraten! Wenn es doch passiert, suche ich mir kleine Auszeiten im Alltag: Ich gehe in den Zoo und schaue den Elefanten beim Fressen zu, mache eine Bergtour und schaue in die Weite oder telefoniere mit einer Bekannten, die bald 103jährig wird. Das relativiert Vieles.

3. Und Ihr Tipp, worauf man beim Glücksrad setzen soll?
Auf das Prinzip Hoffnung! Ich bin übrigens eine Gamblernatur nach dem Motto: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

4. Betrachten Sie Ihr Daheim seit Homeoffice mit anderen Augen?
Nein. Ich hatte das Glück, dass ich während der ganzen Corona-Zeit für meinen Job beim Radio physisch im Studio präsent sein konnte und mit meinen KollegInnen für aktuelle Sendungen immer direkten Kontakt haben konnte. In der Beziehung hat sich für mich nicht viel verändert.

5. Hat Ihnen die Pandemie eher die Grenzen des Wachstums aufgezeigt oder eher die Notwendigkeit?
Eine grosse, komplexe Frage. Ich glaube, dass uns die Pandemie gezeigt hat, dass ein gutes Leben nicht mit einem ständigen Mehr an Gütern zu tun hat. Wir haben nur begrenzte Bedürfnisse: nach Wohnung, Selbstbestimmung, Sicherheit, Anerkennung und Liebe. Ewiges Wachstum kann es in einer endlichen Welt nicht geben. Das zeigt uns auch die drohende  Klimakatastrophe. Eine nachhaltige Wirtschaft nach dem Motto «mehr Qualität als Quantität» ist deshalb in meinen Augen  das Gebot der Stunde.