03. September 2021

„Körperliches Wachstum ist begrenzt, mentales Wachstum ist unbegrenzt“

5 Fragen an Karin Frick

1. Brauchen wir Menschen Wachstum, um vorwärts zu kommen?
Ja und nein. Körperliches Wachstum ist begrenzt, doch mentales Wachstum ist unbegrenzt. In einer Welt mit limitierten Ressourcen ist kein unbegrenztes materielles Wachstum möglich. Es geht heute aber nicht darum stehen zu bleiben, sondern darum, dass wir mental über uns hinauswachsen und lernen, wie man aus weniger mehr machen kann.

2. Für viele hängt das Glück von einem eigenen Wohnheim ab. Und doch wird dieses Ziel aufgrund der steigenden Immobilienpreise immer schwieriger zu erreichen. Welche Alternativen Wohnformen machen auch glücklich?
Ob jemand glücklich ist oder nicht, wird gemäss der Glückforschung vereinfacht durch folgende drei Determinanten bestimmt, wie Carol Graham in ihrem Buch The Determinants of Happiness around the World festgestellt hat: Gene (50%), Verhalten (40%), Gedanken, Aktivitäten und Lebensumstände (10%) wie Einkommen, sozialer Status, Partnerschaft, Zugang zu intakter Natur. Wenn die Grundbedürfnisse einmal gedeckt sind, hängt das persönliche Glück mehr davon ab, mit wem wir zusammenwohnen als davon, auf wieviel Quadratmetern wir wohnen und ob man die Wohnung mietet oder besitzt. Wohneigentum vermittelt wohl insgesamt mehr Sicherheitsgefühle als Glücksgefühle.

3. Wie werden sich die Ansprüche an die Wohnformen in den nächsten Jahren verändern und welche Treiber machen Sie dafür aus?
Das Einkommen und Vermögen der Mittelschicht stagniert in den wohlhabenden Ländern, und das macht die Ansprüche notgedrungen bescheidener. Online-Shopping, Home-Office und der wachsende Anteil der Leute im Rentenalter führen dazu, dass die Distanz zwischen Wohnort, Arbeitsort und Einkaufsort unwichtiger wird bei der Standortwahl.

4. Wie verändern sich die Arbeitsformen und damit die Bedürfnisse an Büro- und Gewerbeimmobilien?
Es zeichnet sich ab, dass das Home-Office zur neuen Normalität nach der Pandemie gehört. In den nächsten Jahren werden Mischformen dominieren, wo die Leute teilweise daheim und teilweise im Büro arbeiten. Wenn dies so bleibt, wird es weniger zentrale Bürofläche und mehr Wohnfläche brauchen. Die leer werdenden Büroflächen könnten vermehrt wieder zu Produktionsstätten werden – beispielsweise für Indoor-Farming oder 3D-Druck.

5. Stadt- oder Landflucht? Wird der Graben zwischen Stadt und Land in Zukunft grösser oder kleiner?
Der Graben wird eher kleiner, weil die Städte – in Europa – «verländlichen» und Stadtquartiere zu quasi Dörfern werden wollen, wo man auf der Strasse spielen kann, die Nachbarn sich kennen und gegenseitig helfen, man auf Dachterrassen gemeinsam Kräuter und Gemüse pflanzt und unabhängige kleine Bäckereien oder MicroBrauereien lokale Spezialitäten  produzieren.