20. Mai 2025

Wunsch und Wirklichkeit im Eigenheimmarkt

Beitrag von ImmoSparrow.

 

Das Eigenheim bleibt für viele das zentrale Lebensziel. Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist ungebrochen – gestützt durch das wieder attraktivere Zinsniveau und den zunehmenden Preisvorteil gegenüber der Miete. Mit einer möglichen Rückkehr zu Negativzinsen in der zweiten Jahreshälfte dürfte dieser Trend weiter an Fahrt gewinnen.

Gleichzeitig ziehen die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen spürbar an. Der Einstieg ins Wohneigentum wird damit für viele trotz günstigerer Finanzierungskosten zunehmend schwieriger. Das durchschnittliche Erstkaufsalter steigt weiter – nicht aus Überzeugung, sondern weil der Erwerb faktisch nicht mehr möglich ist.

 

Die stille Verschiebung der Zugangshürden

Oft genügt es nicht, die geforderten 20 % Eigenkapital vorzuweisen. In vielen Fällen scheitert der Erwerb an der Tragbarkeit – das Haushaltseinkommen erlaubt keine 80 % Belehnung, wodurch zusätzliche Eigenmittel notwendig werden.

Beispielsweise lag der mittlere Preis für ein Einfamilienhaus im Kanton Zürich im Jahr 2014 bei rund 1 Mio. CHF, heute bei über 1.5 Mio. CHF. Der Preis ist nicht nur höher – auch die Finanzierung ist deutlich anspruchsvoller geworden. Während 2014 ein Eigenkapital von 200’000 CHF und ein Haushaltseinkommen von rund 145’000 CHF ausreichten, braucht es heute bei gleicher Belehnung 300’000 CHF Eigenmittel und ein Einkommen von mindestens 218’000 CHF – also rund 73’000 CHF mehr.

Während sich der höhere Eigenkapitalbedarf grundsätzlich durch längeres Sparen überbrücken liesse, stellt die Tragbarkeit das grössere Hindernis dar. Selbst wenn das Haushaltseinkommen seit 2014 real um 10 % gestiegen wäre, läge die maximal tragbare Hypothek heute bei rund 900’000 CHF. Das reicht bei einem Kaufpreis von 1.5 Mio. CHF bei 80 % Belehnung nicht mehr aus. In der Konsequenz müsste der Käufer rund 600’000 CHF Eigenkapital mitbringen – also das Dreifache dessen, was zehn Jahre zuvor genügte.

 

Was das für Makler bedeutet

Für Makler könnten sich aus dieser Entwicklung spürbare Folgen ergeben. Kaufinteressenten wirkten auf den ersten Blick gut vorbereitet – das notwendige Eigenkapital sei vorhanden, das Interesse ernsthaft. Dennoch scheitere der Erwerb zunehmend nicht am Objekt selbst, sondern an der Finanzierung. Die Tragbarkeitsprüfung der Banken werde dabei oft zum entscheidenden Engpass. In der Folge könne sich der Aufwand erhöhen: Rückmeldungen nach Finanzierungsabklärungen, geplatzte Reservierungen oder verzögerte Vermarktungsprozesse könnten häufiger auftreten – selbst bei marktgerechten Objekten in guter Lage.

Gleichzeitig dürfte sich der Kreis potenzieller Käufer verengen. Vermehrt dürften nur noch zwei Gruppen realistische Chancen auf den Erwerb haben: Haushalte mit sehr hohem Einkommen, die die Tragbarkeitsanforderungen problemlos erfüllen – und solche mit überdurchschnittlich hohem Eigenkapital, häufig durch familiäre Unterstützung. Haushalte mit solidem, aber nicht überdurchschnittlichem Einkommen könnten hingegen zunehmend wegfallen. Daraus ergäbe sich ein höherer Anspruch an die gezielte Käuferansprache – mit stärkerem Fokus auf die tatsächliche Finanzierungsfähigkeit und nicht allein auf die Kaufabsicht.

 

Die Tragbarkeit im Fokus

Dass dieses Thema nicht nur die Menschen betrifft, die vom Eigenheim träumen, sondern auch zunehmend die Marktteilnehmer beschäftigt, zeigen zahlreiche Medienbeiträge und aktuelle Studien. So hat beispielsweise die UBS in einer jüngsten Analyse aufgezeigt, in welchen Regionen Wohneigentum für einen typischen Schweizer Haushalt mit 200’000 CHF Bruttoeinkommen unter Annahme definierter Rahmenbedingungen noch tragbar wäre. Die Studie liefert eine wichtige Orientierung – insbesondere entlang von Kriterien wie Erreichbarkeit, Wohnqualität und Modelltragbarkeit.

Was dabei offen bleibt, ist die Frage, wie häufig solche Objekte im Markt tatsächlich verfügbar sind – und welches Einkommen es braucht, um das tatsächliche Medianobjekt in einer Gemeinde finanzieren zu können.

 

Regionale Differenzierung der Finanzierbarkeit

Für Makler ist es relevant zu wissen, in welchen Gemeinden das Medianobjekt bei typischen Einkommen überhaupt finanzierbar ist. Besonders für die Mittelschicht, also die grösste Käufergruppe, wird die Tragbarkeit zunehmend zum limitierenden Faktor. Günstigere, aber trotzdem gut erreichbare und qualitativ solide Gemeinden rücken dadurch stärker in den Fokus. Wer diese kennt, kann gezielt Objekte anbieten, die nicht nur gefragt, sondern auch tatsächlich finanzierbar sind.

Es hat uns daher interessiert, zu sehen, welches minimale Haushaltseinkommen erforderlich ist, um eine 80%-Belehnung des Median-Angebotspreises in der jeweiligen Gemeinde zu erhalten. Im Rahmen dieses Blogbeitrags bezieht sich unsere Auswertung auf Gemeinden im erweiterten Einzugsraum von Zürich, Aargau und der Nordwestschweiz.

 

Der Aargau als funktionale Entlastungsregion

Auffällig ist, dass insbesondere im Aargau zahlreiche Gemeinden mit vergleichsweise tiefem Einkommensbedarf auffallen – selbst bei kurzer bis mittlerer Fahrdistanz zu den Zentren. Das deutet darauf hin, dass der Aargau nach wie vor eine funktionale Entlastungsregion darstellt: Für viele Haushalte, für die das Eigentum im Grossraum Zürich oder Basel nicht mehr tragbar ist, bieten sich hier realistische Alternativen – ohne vollständig auf Erreichbarkeit oder Infrastruktur verzichten zu müssen.

Gerade entlang der Achsen Baden, Lenzburg, Aarau oder im unteren Aaretal zeigt sich, dass Wohneigentum auch bei 80 % Belehnung noch im Rahmen typischer Haushaltseinkommen finanzierbar ist. Viele Gemeinden ermöglichen den Erwerb bereits ab einem Bruttoeinkommen unter 150’000 CHF – teils sogar unter 125’000 CHF. Solche Werte sind in unmittelbarer Umgebung von Zürich oder Basel kaum noch anzutreffen. Der Aargau dürfte damit auch künftig ein attraktiver Zuzugsraum für Haushalte bleiben, die sich den Traum der eigenen vier Wände erfüllen wollen.

 

Fazit: Tragbarkeit als Selektionskriterium

Nicht mehr das Eigenkapital allein entscheidet über den Erwerb von Wohneigentum, sondern immer häufiger das Haushaltseinkommen. Die Tragbarkeitsgrenze wirkt damit nicht nur als rechnerisches Limit, sondern als stilles Selektionskriterium – mit direktem Einfluss auf die Vermarktung.

Für Makler bedeutet das: Wer nur auf Objektmerkmale und Nachfrage schaut, sieht nur die halbe Realität. Entscheidend ist, ob der Kreis der real finanzierbaren Käufer überhaupt gross genug ist – insbesondere bei mittleren Einkommen. Gemeinden mit moderater Preisdynamik, guter Erreichbarkeit und tragbaren Finanzierungsanforderungen gewinnen dadurch an strategischer Bedeutung. Je besser diese Ausgangslage verstanden wird, desto gezielter lassen sich passende Objekte positionieren – und Kaufinteressenten realistisch begleiten.

 

 

ImmoSparrow (2025): Einkommensschwelle für Kauf eines Objektes zum Medianpreis