Zuwanderung und Wohneigentum
Wie Migration den Schweizer Wohnungsmarkt verändert
Beitrag von Wüest Partner / Partner der SMK.
In den letzten 3 Jahren war die Zuwanderung besonders dynamisch. Dies hält die Schweiz jung. Ohne sie würde die Zahl der Menschen im Erwerbsalter schon bald sinken. Migration stabilisiert nicht nur das Arbeitskräftepotenzial, sie wirkt auch als Puffer gegen die Alterung der Gesellschaft. Zugewanderte sind im Schnitt acht Jahre jünger als die einheimische Bevölkerung und haben mehr Kinder. Zudem tragen sie überproportional zur Finanzierung der AHV bei: Ein Drittel der Beiträge, aber weniger als ein Fünftel der Leistungen – ein deutlicher Nettoeffekt zugunsten des Systems.
Doch wo mehr Menschen leben und arbeiten, steigt die Nachfrage nach Wohnraum. Und dieser wird in vielen Regionen knapp.
Wohnen zwischen Mietmarkt und Eigentum
Ein Blick in die Statistik zeigt: Zugewanderte bleiben mehrheitlich Mieterinnen und Mieter. Nur gut 12 % der ausländischen Haushalte besitzen Wohneigentum – bei Schweizer Haushalten sind es über 44 %. Selbst in gemischten Haushalten liegt die Quote nur bei 27.5 %. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle: Zuwandernde sind im Schnitt jünger, haben oft nur einen zeitlich befristeten Aufenthalt geplant und verfügen seltener über Erbkapital, das für den Kauf entscheidend sein kann.

Trotzdem: Migration befeuert auch den Eigentumsmarkt. Einerseits entscheiden sich gut verdienende Haushalte nach einigen Jahren für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses. Andererseits sorgt der Druck auf den Mietmarkt dafür, dass viele Schweizer Haushalte den Schritt ins Eigentum suchen, um den steigenden Mieten zu entkommen. Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern steigt so auch durch Zuwanderung.
Regional ungleiche Muster
Besonders eindrücklich zeigt sich der Zusammenhang in Genf. Dort lag 2024 der internationale Wanderungssaldo bei +1.9 % – schweizweit der höchste Wert. Gleichzeitig kämpft der Kanton mit einer Leerwohnungsziffer von gerade einmal 0.46 % und sehr hohen Angebotsmieten. Ähnliche Spannungen gibt es in Zürich oder Basel-Stadt.
In anderen Regionen kommen noch relativ viele inländische Zuzüger hinzu: Wallis und Schaffhausen verzeichnen nicht nur internationale Zuzüge, sondern auch eine positive Binnenwanderung. Das heisst, Menschen aus der übrigen Schweiz ziehen ebenfalls dorthin – oft angelockt von etwas günstigeren Preisen und guter Erreichbarkeit.
Weniger Fläche, mehr Flexibilität
Interessant ist auch, wie sich das Wohnen selbst unterscheidet: Schweizer Haushalte verfügen im Schnitt über 1.9 Zimmer pro Kopf, ausländische nur über 1.4. Die Wohnfläche pro Person liegt bei Zugewanderten deutlich tiefer. Sie leben also kompakter, was zwar Platz spart, aber den Druck auf kleine und mittlere Wohnungen erhöht.
Hinzu kommt eine höhere Mobilität: Zugewanderte ziehen häufiger um, sowohl innerhalb der Schweiz als auch ins Ausland zurück. Französische Staatsangehörige sind zum Beispiel mehr als doppelt so umzugsfreudig wie Schweizerinnen und Schweizer. Auch die Umzugsdistanzen unterscheiden sich: Während Menschen aus Deutschland, Frankreich oder Italien oft weiterziehen – erleichtert durch Sprachkenntnisse und Jobchancen – bleiben Zugewanderte aus Südeuropa oder der Türkei eher in der Nähe ihres sozialen Umfelds.

Wohnpräferenzen: Praktisch statt nachhaltig
Eine Umfrage im Rahmen des Immo-Barometers 2025 zeigt zudem unterschiedliche Prioritäten: Bei allen stehen Preis, Fläche und Komfort an erster Stelle. Doch während Schweizerinnen und Schweizer mehr Wert auf Nachhaltigkeit, kulturelles Angebot und Nähe zum Freundeskreis legen, betonen Zugewanderte eher die Nähe zum Arbeitsplatz, gute Verkehrsverbindungen und Schulen in der Nähe.
Das passt zur demografischen Struktur: Zugewanderte sind im Schnitt jünger, häufiger im Erwerbsalter und haben öfter Kinder. Schweizer Haushalte sind älter und wohlhabender, mit entsprechendem Fokus auf Qualität und ökologische Aspekte.
Migration als Preistreiber – aber nicht allein
Dass Zuwanderung den Wohnungsmarkt beeinflusst, ist klar. Studien zeigen, dass ein Bevölkerungsplus von 1 % die Preise für Einfamilienhäuser um rund 0.9 % bis 1.5 % steigen lässt, bei Eigentumswohnungen sogar um bis zu 3.6 %. Auch Mieten reagieren ähnlich stark: Ein Bevölkerungswachstum von 1 % treibt die Angebotsmieten im Schnitt um 1 % nach oben.
Gleichzeitig ist Migration nicht der einzige Faktor. Hypothekarzinsen, Inflation oder das Wirtschaftswachstum spielen für Eigentum eine noch grössere Rolle. Im Mietmarkt wirken vor allem Referenzzinssatz, Leerwohnungsziffer und allgemeine Konjunktur. Zuwanderung verstärkt bestehende Trends, ist aber nicht der alleinige Treiber.
Balance finden
Die Bilanz fällt gemischt aus: Migration ist eine Chance – sie stabilisiert die Wirtschaft, verjüngt die Gesellschaft und stärkt die Altersvorsorge. Doch sie verschärft auch die Wohnungsknappheit und treibt Preise wie Mieten an. Entscheidend wird sein, die positiven Effekte zu nutzen, ohne die Akzeptanz in der Bevölkerung zu verlieren.
Für den Wohnungsmarkt bedeutet das: Mehr Bauaktivität, schnellere Anpassungen an die Nachfrage – und eine Politik, die Zuwanderung und Wohnraumplanung besser miteinander verzahnt. Denn klar ist: Migration bleibt eine prägende Kraft für die Zukunft des Schweizer Wohneigentums.
Autor: Robert Weinert